Filmkritik: Jump

Filmplakat
Filmplakat

Regie: Jushua Sinclair
Genre: Drama
Land: A/UK
Länge 105 Minuten


Der soeben erschienene Film von Joshua Sinclair erzählt eine düstere Geschichte aus Österreichs Vergangenheit. Als im Jahr 1928 Austrofaschisten und Nationalsozialisten mit antisemitischer Propaganda die Bevölkerung aufbringen, gerät der junge Rigaer Jude Philippe Halsman (Ben Silverstone) in die Wogen sich zuspitzender politischer Umstände.

Auf einer Bergwanderung mit seinem herrischen Vater Murdoch (Heinz Hoenig) in Tirol, kommt dieser auf ungeklärte Weise ums Leben. Für die Behörden ist auch ohne Motiv und Klärung des Tathergangs die Schuld des introvertierten Philippe schnell bewiesen. Am Innsbrucker Gerichtshof wird in Folge ein haarsträubend voreingenommener Prozess durchgeführt, bei welchem unter anderem der abgetrennte
Kopf des Vaters als Beweisstück zugelassen wird, während der Richter ein Telegramm von Freud, der den Gerichtspsychiater der falschen Auslegung seiner Theorie des Ödipuskomplexes bezichtigt, zurückweist.

Trotz der überzeugenden und emotionsgeladenen Argumentation seines Anwalts Richard Pressmann (Patrick Swayze in einer für ihn ungewöhnlichen Rolle) wird Halsman zu zehn Jahren Kerker verurteilt. Nur durch den publizistischen Einsatz von Thomas Mann, Albert Einstein und Erich Fromm und zahllose Unterschriftenlisten aus In- und Ausland, sah sich der Bundespräsident Wilhelm Miklas 1930 gezwungen, Halsman zu begnadigen und verwies in gleichzeitig des Landes.

In New York wird Halsman mit 100 Titelfotos des Life - Magazins zum einem der berühmtesten Portraitfotographen aller Zeiten, dem unter anderem Marilyn Monroe, Salvador Dalì und Richard Nixon Modell standen, leidet aber noch zeitlebens am jugendlichen Trauma des Prozesses. Der Fall Halsman gilt als einer der ersten antisemitischen Prozesse, die in Österreich stattfanden und wurde erst mehr als dreissig Jahre später unter der Amtszeit von Franz Jonas aus den offziellen Gerichtsprotokollen gestrichen. Erschreckende Fakten erzählt der Nachspann des Filmes - erst 1961 wurde der Schädel von Murdoch Halsman aus der Innsbrucker Gerichtspathologie seinen sterblichen Überresten beigesetzt. Noch beklemmter stimmt die Information, dass die Gerichtsakten erst im Jahr 1991 vollständig zugänglich wurden.

Der Film vermittelt auf eindrucksvolle Weise die antisemitische Stimmung im austrofaschistischen Österreich der späten zwanziger Jahre und räumt klar mit dem über Jahre hin praktizierten Opfermythos des österreichischen Anschlusses an Deutschland auf. Sehr glaubhaft wird auch die propagandistische Manipulation von Menschen durch einseitige Argumentation und Feindbildkonstruktionen dargestellt, was den Film ausgesprochen zeitgemäß macht.
Etwas zu bemängeln sind lediglich die etwas farblos dargestellten Charaktere der einzelnen Protagonisten, was sich aber zur gleichen Zeit als pointierte Parabel auf die Rolle des Individuums in einem sich totalisierenden System sehen lässt.

Ein Film, der zum Selberdenken mahnt.