Preisverleihung des Kinder- und Jugendliteraturpreises
des Landes Steiermark am 22. November 2006



Im Anschluss an die Eröffnung von Bookolino fand die Preisverleihung eines der höchstdotierten Manuskriptpreise für Kinder- und Jugendliteratur im deutschsprachigen Raum des Kinder- und Jugendliteraturpreises des Landes Steiermark, der alle zwei Jahre verliehen wird, statt.
Frau Landesrätin Drin. Bettina Vollath konnte den beiden Preisträgerinnen zu ihren Leistungen gratulieren. Für die 13köpfige Jury waren diese zwei Einreichungen aus insgesamt 250 Einsendungen die Besten und so konnten Frau Adelheid Dahimene aus Wels den Hauptpreis im Wert von € 7.300,-- und Frau Stefanie Harjes aus Hamburg den Sonderpreis in Höhe von € 3.650,-- entgegennehmen.
Marie Gamillscheg und Gregor Krammer haben sich intensiv mit den beiden Büchern beschäftigt und kommentierten ihre Ansichten in ihrer Laudatio. Die Laudatio ist hier nachzulesen.
Hauptpreis: Preisträgerin Adelheid Dahimene
Aus ca. 150 Einsendungen wurde das Manuskript „Smeralda und die Stockwerke der Welt" von Adelheid Dahimene mit dem großen Förderungspreis für Kinder- und Jugendliteratur des Landes Steiermark ausgezeichnet. Das Manuskript:
„Smeralda und die Stockwerke der Welt": Erzählt wird die Geschichte der fantasievollen Smeralda, die in unserer Zeit irgendwo im
österreichischen Grenzland in einfachen Verhältnissen wohnt. Das 15-jährige Mädchen ist ein findiger Kopf, und es macht sich vor allem ein eigenes Bild von der Stellung der Unterpriveligierten und Privilegierten auf dieser Welt. Das geschieht bildhaft in der Darstellung einer sozialen Weltkarte, die nicht topografisch richtig ist, sondern die Länder nach ihrem Wohlstandsgrad einordnet. Sie bewegt sich in diesem sozial gestaffelten Haus und zieht ihre Lehren daraus, bringt sich selbst ein und erkundet ihren eigenen Platz darin. So möchte sie unmissverständlich die oberen Sphären erklimmen. Ein Kunstgriff der Autorin besteht nun darin, und das macht den Reiz dieses Textes aus, dass sie das Mädchen Smeralda und seine Lebenswelt nach Amerika an den Hudson, in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, versetzt. Dort wohnt Smeralda in ihrer Fantasie mit ihrer Mutter zunächst nur in einer Durchgangskammer ohne Fenster und muss dann aus Geldnöten in ein noch schlechteres Quartier am Hudson River umziehen. Das neue Zuhause ist zwar verwahrlost, bietet aber viel Platz und ist entwicklungsfähig. Genauso wie sich das Leben des Mädchens entwickeln kann. In Episoden wird der Leser/die Leserin Zeuge davon. Diese Schilderungen machen Spaß beim Lesen, denn ihre Quirligkeit und die Leichtigkeit ihres Denkens drückt sich in ihrer Sprache aus. Sie ist verschwenderisch bildhaft, sprunghaft, insgesamt gewandt, dann wieder jugendjargonmäßig trivial, einmal übertrieben, dann wieder pointiert genau. Sie erweist sich im Sprechen und Erzählen als ein gut informiertes Wesen in diesen bewohnten Welten, kennt sich in der Geschichte aus, ist dem Zeitgeschehen zugewandt und nutzt die Chance reifer zu werden neben ihrer eher unsicheren Mutter. Es zeigt sich, dass die Tochter schon die größeren Reserven an Welt- und Lebenskenntnissen besitzt.
In den Familiensituationen ihrer Freundinnen, die aus reichen Familien stammen, wird einerseits ihr Traum vom „Oben" gezeichnet, aber sie erkennt andererseits sehr klar, dass es denen da oben wohl materiell besser geht, dass die Luft dort aber ziemlich dünn ist für menschliche Beziehungen. Geld ist anscheinend doch nicht das Erstrebenswerteste. Trotzdem bewegt sie sich auch in diesen Kreisen, auch ihr erster Freund stammt aus diesem Milieu. Wie alles wohl ausgehen wird? Ihr ist zuzutrauen, dass sie ihren ganz persönlichen Weg findet.
Kurzbiografie der Preisträgerin
Adelheid Dahieme wurde 1956 in Altheim/OÖ geboren und lebt als Schriftstellerin mit drei Kindern in Wels. Nach kaufmännischer Ausbildung übte sie verschiedene Berufe aus (u. a. Bilanzbuchhalterin und Werbetexterin) und absolvierte eine einjährige Afrikareise. Seit 1991 ist sie freie Schriftstellerin. Viele Veröffentlichungen bei Grosser, Jungbrunnen, Carlsen, NP-Verlag, Picus, Wieser, Ritter u. a.
Sonderpreis Bilderbuch: Preisträgerin Stefanie Harjes
Genau hundert zum Zeitpunkt der Einreichung unveröffentlichte Bilderbuchprojekte wurden zum Sonderpreis Bilderbuch 2006 des Landes Steiermark eingesandt. Diese große Zahl an Einreichungen aus dem deutschsprachigen Raum beweist die Bedeutung dieses Preises für Künstlerinnen und Illustratorinnen. Bemerkenswert war heuer auch das hohe Niveau vieler Arbeiten. Die Preisträgerin: Den Sonderpreis Bilderbuch 2006 des Landes Steiermark erhält Stefanie Harjes für ihr Bilderbuch „Komm, ich erzähl dir was vom Ferd".
Begründung der Jury: Das Pferd, aus dem sprachspielerisch ein Ferd geworden ist, macht so ziemlich alles, was man von einem Pferd eigentlich nicht gewohnt ist: Es ferd Fahrrad, isst gerne Heidelbeertorte, klettert auf Bäume, wechselt Glühbirnen aus, und manchmal wird es ganz schön wütend. Das Ferd kann auch plötzlich ferdschwinden und in ferdschiedenen Ausformungen wieder auftauchen. Wer das Bilderbuch durchblättert, findet sich in einer Bilderwelt wieder, die kindliche Neugier ganz unmittelbar berührt. Eine Ferd-Geschichte mit Anfang, Höhepunkt und Schluss gibt es nicht, vielmehr erzählen die 30 doppelseitigen - fast textlosen - Bilder, teilweise ganz unabhängig voneinander, kleine Geschichten vom Ferd. Welche Seite auch aufgeschlagen wird: Die Bilder vermögen Drei- bis Sechsjährige zu unterhalten, ihre Fantasie zu wecken und sie können Kinder motivieren, ihre eigene Wissens- und Lebenserfahrung einzubringen. Stefanie Harjes:
„So haben die Kinder immer wieder die Möglichkeit sich zu ferdzetteln."
Erwachsenen mag die scheinbare Sprunghaftigkeit, mit der Bildthemen und Motive wechseln, zunächst verunsichern. Doch auch für sie hat Stefanie Harjes vorgesorgt. In einigen der Bilder sind klein gesetzte Texte eingefügt. Anmerkungen der Künstlerin, was ihr beim Zeichnen und Malen so alles durch den Kopf ging. Eine Fundgrube für, angesichts mancher Bilder, ratlose Erwachsene. In allen Bildern spürbar ist die erfrischend unbekümmerte Lust der Künstlerin am Ausprobieren und Gestalten neuer Bildideen. Mit sicherem Pinselstrich und kräftigen Farben, immer auf das Wesentliche reduziert, ausdrucksstark und pointiert, sind das Ferd und seine Umgebung gemalt. Zusätzliche Akzente werden mit gezeichneten, collagierten oder gestempelten Bildelementen gesetzt. Das Bilderbuchprojekt von Stefanie Harjes überzeugte die Jury durch den großen Einfallsreichtum, der in Text und Bild zum Ausdruck kommt, durch die bildnerische Vielfalt der Illustrationen, die zwischen Karikatur, Abstraktion und figurativer Klarheit pendeln, und durch die Findung von neuen, ungewohnten Bildformen.