Filmkritik: Der Baader-Meinhof Komplex
Regie: Uli Edel
Deutschland, 2008
At-Start: 26.9.2008
Regisseur Uli Edel bearbeitet ein Stück deutscher Vergangenheit. Ein Stück, das bislang noch kaum Kulisse für Filmproduktionen geliefert hat und das schon fast wieder in Vergessenheit gerät. Uli Edel verfilmt die Geschichte der RAF und lässt sich dafür von fast allen unterstützen, die den deutschen Film der letzten Jahre vor der Kamera prägen.
Mit Hilfe eines beeindruckenden Staraufgebots erzählt er von den Studentenprotesten der 70er und von jenen jungen Linken, denen der friedliche Protest nicht genug war. Er erzählt ganz nüchtern und doch ist der Film in den meisten seiner Szenen hoch emotional. Es sind die Dargestellten, die Vordenker und Mitstreiter der Roten Armee Fraktion (RAF), deren Leidenschaft mitreißt obwohl sie auch Angst macht. Moritz Bleibtreu hat als Andreas Baader „mehr revolutionäres Potential als wir alle zusammen" und Ulrike Meinhof (Martina Gedeck) ist eher ungewollt Identifikationsfigur für alle Zweifler, die sich nie sicher sind, welche Mittel der Zweck heiligt und welche nicht. Doch der Handlungszeitraum geht über die eigentlichen Aktionen hinaus, setzt sich in der Haftanstalt fort und begleitete seine Akteure bis ans Ende.
So bekommt man Terrorismus aus ungewohnter Perspektive vor Augen geführt: Geplant und ausgeführt von Menschen, deren Leben und Ideen sich von denen vieler heutiger Studenten ursprünglich kaum unterscheiden. Edel lässt seinen ZuseherInnen ausreichend Freiraum um selbst Stellung zu beziehen und Meinungen zu bilden. Nie wird ideologisiert. Niemandem wird Recht gegeben. So entsteht ein Film, der kaum Ruhe lässt, der packt und mitreißt und der womöglich weniger in der Vergangenheit beheimatet ist, als man vielleicht Glauben möchte.
Harald Koberg