Filmkritik: Gomorrha
Regie: Matteo Garrone
Italien, 2008
At-Start: 12.9.2008
Fern von Reichtum und Stil eines Don Corleone führt Matteo Garrone ins Reich der italienischen Camorra, einem Land der ängstlichen Unfreiheit und der von Hoffnungslosigkeit aufgepeitschten Gewalt. Eher dokumentarisch berichtet er von illegalen Mülldeponien, Drogenhandel, Designermode und anderen Goldgruben der Mafia; keine schwammigen Ansprachen zur Familienehre, kein Bewahren erhaltener Ideale, nur die exzessive Gewaltausübung an Menschen und Region.
Basierend auf den Bestsellerroman von Roberto Saviano, der seit der Veröffentlichung auf der Abschussliste der Mafia steht, hat Garrone an Originalschauplätzen nachgedreht, was dort abseits der medialen Aufmerksamkeit Alltag ist: Ermordete junge Männer, verarmte Familien und die ungewollte Abhängigkeit von einem grausamen System. Garrone konzentriert sich dabei nicht auf Spannungsaufbau und Bildgewalt. Er hat keinen Gangsterfilm gedreht, sondern einen dokumentarischen Fingerzeig an die europäische Öffentlichkeit, die derartige Verhältnisse duldet. Die Handelsbeziehungen der Camorra reichen weit über die Landesgrenzen hinaus und sichern vielen Mitteleuropäern gute Geschäfte.
Beeindrucken kann „Gomorrha" vor allem durch triste Eintönigkeit, die in Ansätzen klar machen kann, warum so viele junge Männer ihr Glück bei der Mafia suchen. Trotz gut geführter Kameras und einprägsamer Bilder ist es aber nicht die Filmkunst, sondern der Inhalt, der in Erinnerung bleibt.
Harald Koberg